Gescheiterte Fusion Deutsche Börse und NYSE Euronext: ein Unglück?

Soll Größe alles sein?

Der Nutzen der Fusion sollte sein:

  • Größte Börse der Welt
  • Überlebensgarantie gegen die asiatische Konkurrenz
  • Kostenersparnis.

Die EU-Wettbewerbskommission hat die Fusion mit Hinweis auf die entstehende Monopolstellung im börsengehandelten europäischen Derivatehandel (90 % Marktanteil) untersagt, wobei sie die Konkurrenz durch den größeren außerbörslichen Derivate-Handel OTC und den Weltmarkt nicht gelten ließ und den Verkauf einer der eingebrachten Derivatebörsen forderte.

Für die Deutsche Börse und Reto Francioni ist es der wiederholt gescheiterte 80 Mio. teure Versuch, durch Übernahme/Fusion das Gewicht einer Weltbörse zu erlangen. Und für NYSE Euronext hätte die Fusion den Zugang zum attraktiven und gewinnträchtigen Derivatehandel der Deutschen Börse bedeutet. Eine Win-win-Situation für die beiden Fusionspartner und die neue Weltbörse mit geplanten 60 % Anteil für die Deutsche Börse, 40 % Anteil für NYSE Euronext und einer Dachgesellschaft in den Niederlanden?

NYSE hat 2007 Euronext (Börsen in Paris, Amsterdam, Brüssel, Portugal und Terminmarkt in London) übernommen und sich zur transatlantischen Börse NYSE Euronext zusammengeschlossen. In der Folge haben die europäischen Börsen ihre angestammte Bedeutung verloren. Nicht nur im hessichen Wirtschaftsministerium als Börsenaufsicht wurde die mögliche Fusion kritisch gesehen und nicht unbegründete Bedenken bezüglich der Zukunft der Deutschen Börse am Finanzplatz Frankfurt geäußert?

Die Deutsche Börse sieht sich vom Leistungsprofil her gut aufgestellt zum Wachstum aus eigener Kraft. Ihre Stärken dabei sind

  • die starke Stellung am Derivatemarkt
  • expansive Umsatz- und Ergebnisentwicklung (Umsatzrendite > 50 %)
  • leistungsfähige IT-Handelsplattform Xetra
  • im Rahmen einer Finanzmarktregulierung könnte der großvolumige außerbörsliche in den börslichen Derivatehandel überführt werden.

Zur Aufgabenstellung eines vereinten Europa gehört auch die Existenz einer europäischen Weltbörse. Beim Wechsel von Euronext zu NYSE 2007 fehlte die europäische Sicht. Eine Fusion von Deutscher Börse mit der britischen LSE ist zweimal gescheitert. Neue Kooperationen in Asien und den Schwellenländern sind möglich, ein Zusammengehen mit LSE wäre aus europäischer Sicht der Idealfall?

Die Deutsche Börse hat substantielle Stärken. Das allein reicht nicht, in die Klasse eines Global Players aufzusteigen. Hinzu kommen müssen klare Zielkonzepte, Internationalität, Cleverness in Strategie und Verhandlungsführung sowie Einbindung in relevante Netzwerke. Der letzte gescheiterte Versuch zur LSE-Übernahme mit einer entgegengerichteten Konflitk-Strategie aus Aktienaufkauf und Stimmrrechtsausübung hätte für die deutschen Akteure den hohen Level globaler Abwehr-Aktionen erkennen und die Mankos abstellen lassen müssen. Anderfalls hält man als Fusionspartner zwar 60 % der Anteile, ist in der Praxis aber nur Juniorpartner.

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