EU-Fiskalpakt und -Wirtschaftspakt: jeder Staat sein eigener Kommissar?

Im deutschen Finanzministerium wurde die Idee geboren und in den Medien diskutiert: Griechenland benötigt zur Realisierung des Fiskalpakts mit Sparauflagen, Einführung einer Schuldenbremse und Maßnahmen gegen Schuldensünder einen  EU-Haushaltskommissar mit direkten Eingriffsmöglichkeiten. Bundeskanzlerin Merkel zog  am Montag beim EU-Gipfel zurück und befand, dass dieses Thema nicht behandelt werden sollte?

Noch nicht?

Unterschrieben haben diesen Fiskalpakt die EU-Länder außer Großbritannien und Tschechien. Nicht nur für Griechenland, sondern für mehr als die Hälfte der unterzeichnenden EU-Staaten bedeutet dieser Pakt eine gewaltige Anstrengung und für alle einen Paradigmenwechsel – einen Wandel gegenüber bisheriger Politik-Praxis: wurden doch Ansprüche von Wahl-relevanten Interessengruppen an den Staatshaushalt allzu oft mit Leistungszusagen verbunden, auch wenn diese mit Schulden finanziert wurden. Mit der jetzt vorliegenden Regelung können diese Ansprüche mit Verweis auf die  Schuldenbremse (Grundgesetz-Regelung in Deutschland) abgewiesen werden: die jeweils regierende politische Partei ist  beim Wähler aus der Schusslinie?

Der Fiskalpakt legt das Schwergewicht auf den ausgeglichenen Haushalt, Defizite sind zu vermeiden bzw. nur in Grenzen erlaubt. Ein Haushalt, der zugunsten der Haushaltssanierung seine Ausgaben senkt, beeinflußt die Wirtschaftsentwicklung tendenziell negativ, ein Effekt, der je nach Land die Ziele des Fiskalpakts illusorisch werden läßt. Der Fiskalpakt kann in seiner Breite nur gelingen, wenn er von einem Wirtschaftspakt begleitet wird: die EU betreibt Wirtschaftsförderung/Strukturhilfen zur Erfüllung der Ziele des Fiskalpakts und zur Angleichung der Leistungsstruktur der  Volkswirtschaften. Europa hat hier ebenso viel Nachholbedarf wie bei der Aufgabe der Haushaltsdisziplinierung.

Die Chefs der wichtigsten griechischen Parteien waren sich einig in der Verteidigung der “Würde und Unabhängigkeit” des Landes und der Ablehnung eines Sparkommissars; große Worte/Schutzbehauptungen von Politikern, die das Land in einen unwürdigen Zustand herabgewirtschaftet haben und ihren eigenen Vorteil dabei nie vergaßen?

Ein externer Kommissar für Griechenland ist keine Lösung, wer würde ihm folgen, er könnte für die Politiker als Sündenbock benutzt werden und für die EU als Versager gelten.

In der jetzigen Situation und solange die EU keine etablierte politische Union ist, ist die Umsetzung des Fiskalpakts von Griechenland und den anderen EU-Staaten selber zu leisten. Die Kommissar-Aufgabe verschiebt sich auf die Kontrolle der Ergebnisse durch EU-Gremien mit Nachbesserung, neuer Zielvereinbarung oder Ausschluß. Europa kann nur gelingen, wenn die EU-Gremien – anders als früher – ohne Ausnahmen standhaft bleiben auch um den Preis einer Verminderung der EU-Mitgliederzahl.

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