“New Frontier” hiess in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert die politische Maxime, mit der Amerika seine Expansion nach Westen bis über die Rocky Mountains vorantrieb und die Ureinwohner überrollte. Die erfolgreiche Verschiebung der “Wandergrenze” nach Westen wurde zu einem amerikanischen Mythos, schaffte Selbstvertrauen und bestärkte Amerika in seinem Glauben an die historische Bestimmung/”Manifest Destiny”, wobei “the great West” am Ausgang der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht an der amerikanischen Westgrenze enden musste.
Die amerikanischen Interessen im pazifischen Raum entfalteten sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Ansiedelung von Händlern, Farmern (Zuckerrohranbau) und Missionaren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgten der Kauf der Midway-Inseln (1867), die Einrichtung eines Flottenstützpunkts auf Samoa (1878), die Annexion von Hawaii als Sprungbrett zu China (1898) und schließlich 1901 die kriegerische Übernahme der Philippinen von den Spanien.
Mit der Eroberung des philippinischen Archipels endete die koloniale Form des amerikanischen Imperialismus. An ihre Stelle tritt in der Folge ein auf wirtschafliche und militärische Macht gestützter informeller Imperialismus zur Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen.
Präsident Obama knüpft mit seiner Rede am 17. November 2011 vor dem australischen Parlament in Canberra an diese Tradition an:
- “Möge sich niemand täuschen: Im asiatisch-pazifischen Raum des 21. Jahrhunderts werden die USA voll und ganz dabei sein
- Sicherheit, Wohlstand und Würde für alle im asiatisch-pazifischen Raum
- Nach einer Dekade mit zwei Kriegen wenden die USA ihre Aufmerksamkeit dem riesigen Potential der asiatisch-pazifischen Region zu
- Kürzungen bei den Verteidigungsausgaben werden nicht zu Lasten des asiatisch-pazifischen Raums gehen
- Die USA werden in Ostasien die Fähigkeit bewahren, Macht auszustrahlen und Bedrohungen des Friedens abzuwehren”.
- Obama kündigt die Stationierung von 2500 US-Marines im nordaustralischen Darwin für 2012 an: “Wir sind hier, um zu bleiben”.
Aktuellen Anlass zu dieser Positionierung geben Entwicklungen, die mit dem wirtschaftlichen und militärischen Erstarken Chinas in Zusammenhang stehen:
- Im Territorialstreit um das Öl- und Erdgas-reiche Südchinesiche Meer um die Spratly-Inseln übt China durch Einschränkung der freien Schifffahrt verstärkten Druck auf die aufgeschreckten fünf Anrainerstaaten aus. (Kanonenboot-Politik”?). Die USA verstärken ihre strategische Präsenz in der Region. Wen Jiabao: “Auswärtige Mächte haben kein Recht zum Einstieg in die Auseinandersetzungen”. Nach Chinas Ankündigung verspielen US-Sympatisanten-Staaten die Chance, von der chinesischen Wirtschaft zu profitieren.
- Die USA unterstützen die Erweiterung der Freihandelszone TPP mit acht Ländern unter Einbindung von Japan und Fernhalten von China, dem wichtigsten Handelspartner von Japan?
- Die USA verweisen wiederholt auf die notwendige Korrektur der unterbewerteten chinesichen Währung. Fortschritte auf dem Währungsgebiet würden Lösungen zu strittigen Fragen begünstigen?
China strebt nach eigener Aussage “keine Dominanz an”, sieht sich aber nach Jahren der Innen-Ausrichtung als die führende Macht in der Region, nicht die USA. China dringt auf wechselseitigen Respekt und spricht von einem “asiatischen Weg der Zusammenarbeit”.
Amerikanische Kommentatoren begrüfen den klaren Standpunkt Obamas, raten zu verstärkter Beziehungspflege und deutlicher Zurückweisung bei “Grenzüberschreitungen” Chinas.
Mit dem Erstarken Chinas entwickelt sich eine veränderte Konstellation in der asiatisch-pazifischen Region: Die Gegenspieler tarieren ihr Gleichgewicht neu aus?
NB: Vor 70 Jahren, am 07.12.1941, starteten die Japaner ihren Überraschungsangriff auf die amerikanische Flotte in Pearl Harbor/Hawaii. Für die Amerikaner war dieser “Tag der Schande” die “emotionale Verstärkung” zum Eintritt in den zweiten Weltkrieg. Ein halbes Jahr zuvor hatten die USA ein totales Ölembargo über Japan verhängt.
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