Elektroauto: Unterstützung für eine andere Mobilität

Die Bundesregierung beschloss am 18. Mai 2016 ein Förderprogramm  zum Kauf von Batterie-Elektro- und Hybrid-Elektro-Personen-Kraftfahrzeugen:

  • Beim Kauf von Elektro-Autos werden als Kaufanreiz ein “Umweltbonus” für alle (Privatpersonen, Unternehmen, auch Leasing-Fahrzeuge) in Höhe von 4000 Euro (BE-Auto) bzw. 3000 Euro (HE-Auto) erstattet, getragen je zur Hälfte vom Bund (Zuschuss auf Antrag) und von den  Autoherstellern (Rabatt)
  • Auflagen für den Umweltbonus: der Käufer muss das E-Auto mindestens 9 Monate besitzen und der Listenpreis des Fahrzeugs übersteigt nicht 60.000 Euro
  • Das Umweltbonus wird nur so lange gewährt, bis der Fördertopf von 1,2 Milliarden Euro ausgeschöpft ist, spätestens bis 30.06.2019
  • KFZ-Steuer-Befreiung für zehn Jahre
  • Der Bund finanziert 15.000 neue Ladestationen.

Kurzfristig soll der Umweltbonus den Kauf von 300.000 E-Fahrzeugen befördern. Für 2020 wird eine Million dieser Fahrzeuge angepeilt. Eine Million E-Fahrzeuge hatte auch schon Bundeskanzlerin Merkel 2011 als Ziel für 2020 genannt, bis 2030 sogar 6 Millionen.

Tatsächlich sind Ende März 2016 in Deutschland cirka 25.000 Elektro-Autos zugelassen, überwiegend HE-Fahrzeuge. Der Anteil am gesamten Fahrzeugbestand liegt im Promille-Bereich. Die meisten Länder in Europa zeigen eine ähnlich verhaltene Entwicklung. Demgegenüber soll die E-Molität  in den Niederlanden (10 %) und Norwegen (22 %) bemerkenswerte Marktanteile aufweisen. In beiden Ländern sollen ab 2025 nur noch E-Fahrzeuge neu zugelassen werden und in Norwegen sollen im Jahr 2050 nur noch E-Fahrzeuge fahren dürfen. Kurze Wege (Niederlande) und große Erdgas-/Erdöl-Vorkommen   (Norwegen) begünstigen die E-Mobilität. Vorliegende Gesetzesvorlagen sind noch in Verhandlung.

Die mangelnde Bereitschaft zum Kauf von E-Fahrzeugen in Deutschland ist vor allem mit den gegenüber Autos mit Diesel-/Benzin-Verbrennungsmotoren deutlich höheren Anschaffungskosten und der geringen Reichweite begründet. Bei BE-Fahrzeugen bildet die kapazitätsbegrenzte, schwere und hochpreisige Batterie der begrenzende Faktor; bei HE-Fahrzeugen kommt das zweite Antriebesaggregat und eine aufwendige Kraftübertragungs- und Steuerungstechnik ressourcenaufwändig und kostenintensiv hinzu.

Die Reichweitenbegrenzung führt besonders beim BE-Fahrzeug zur Kaufzurückhaltung. Es befallen einen panikartige Zustände, wenn am Abend auf der Autobahn bei Schneeregen das Licht, der Scheibenwischer, die Heizung und die Heckscheibenheizung eingeschaltet werden müssen und die nächste Ladestation noch 50 km entfernt ist.

Das zur mobilen Fortbewegung mitgeführte Energiemedium bestimmt den Mobilitätsgrad des Fahrzeugs. Dabei ist die Energiedichte von fossilen Brennstoffen bezogen beispielsweise auf 1 kg / 1 dcm3 / 1 Liter unübertroffen. Weltweit unübertroffen leistungsfähig ist auch die gesamte Produktions- und Distributionskette von der Energieförderung über den Seetransport, die Raffinierie, den sicheren und  erprobten Straßen-Transport bis zur Tankstelle und die sichere und einfache Bereitstellung im Fahrzeug.

Bei der Verbesserung der Batteriekapazität gibt es Fortschritte, der Durchbruch ist trotz vielfältiger internationaler Bemühungen noch nicht erreicht. Ob das Ziel einer mit den fossilen Brennstoffen vergleichbaren Energiedichte pro Maßeinheit bei vergeichbar einfachem Handling jemals erreicht wird, ist zweifelhaft.

Die bisherige Fahrzeug-Mobilität bedient sich praktisch ausschließlich fossiler Brennstoffe. Entstanden sind diese riesigen Energergievorkommen vor mehreren hundert Millionen Jahren aus versunkenen grünen Urwäldern als Ergebnis eines Karbonisierungsprozesse in hunderten oder tausenden Metern Tiefe unter hohem Druck und Luftausschluß. Es ist nicht erkennbar, wie dieses singuläre Weltereignis der Speicherung von Sonnenenergie in fossilen Brennstoffen (Fotosynthese, Anreicherung von Kohlenstoff in Pflanzen, Temperatur, Druck) in Umfang und Breite für eine neue Fahrzeugenergie substituiert werden kann.

Die von den E-Autos genutze elektrische Energie entsteht in der Hauptsache aus in Kraftwerken umgewandelter fossiler Energie, aus Erneuerbarer Energie (Windräder, Solar-Thermik, Photovoltaik, Biogasanlagen, Wasserkraftanlagen, Gezeitenkraftwerken u.a.) und Atomkraftwerken. Nach der Reform des Erneuerbare Ernergie Gesetzes soll der Stromanteil aus erneuerbaren Quellen bis 2025 von aktuell ca. 30 % auf 45 % ansteigen. Die Hauptlast der Stromerzeugung werden dennoch auf Jahrzehnte hinaus auf fossilen Ernergien beruhen.

Alle Elektro-Autos “hängen” über den Stromverbrauch im Energie-Mix an der fossilen Energie, die dominierende Zahl der HE-Auto zusätzlich über den zusätzlichen Verbrennungsmotor am Verbrauch fossiler Brennstoffe. Hinzu kommen die gegenüber Verbrennungsmotoren Kosten- und Ressourcen aufwendigeren Anntriebsaggregate. E-Fahrzeuge sind demnach hinsichtlich Umweltbelastung/Schadstoffabgasen nur eingeschränkt “saubere” Fahrzeuge. Die Titulierung des Förderprogramms als Umweltbonus ist irreführend.

Das Argument, die deutsche Autoindustrie verschläft die E-Mobilität und hinkt bei der Batterieentwicklung z.B. gegenüber China hinterher, ist nicht überzeugend. Reine E-Autos sind ein Nischenprodukt (Stadt- und Dritt-Auto) und der Markt kauft praktisch ausschließlich hyprid-elektrische Autos, um die Nachteile gegenüber der gewohnten Mobilität mit Verbrennungsmotor-Autos gering zu halten. Mit E-Mobilität sind die Zeiten vorbei, wo der Freund aus Hannover mit seinem Golf GTI am Wochenende zu seiner studierenden Freundin nach München “brettert”, und das über Jahre.

Bei über 40 Millionen zugelassener Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren können Umweltverbesserungen nicht von einer E-Fahrzeugtechnologie erwartet werden, die die bisherige Technologie nicht adäquat ersetzt und vom Markt nur zögerlich angenommen wird. Die Umweltverbesserungen müssen vielmehr auf eine Trendumkehr beim Verbrennungsmotor-Markt hinzielen beispielsweise hin zu einem 3-Liter Auto mit optimierter Motorverdichtung und reduzierten Außenmaßen, Ausstattung, Ressourcenverbrauch, Herstellkosten und Preis. Die gegenwärtige Markt- und Produktentwicklung läuft genau in die gegenteilige Richtung: die Autos werden als Statussymbol beworben, sie werden immer größer und stärker motorisiert, SUV sind der Maßstab, der Polo von heute entspricht dem Golf von vor einigen Modellgenerationen.

Die Tranformation von einem emotional hoch aufgeladenen hin zu einem vom Nutzen diktierten Produkt bezieht sich nicht auf den Autobestand, sondern auf den Neufahrzeugmarkt. Es muss für die Autohersteller eine überaus reizvolle Aufgabe sein, dieses abgespeckte und wesentlich kostengünstigere Fahrzeug als nahezu vollwertigen Nutzen-Ersatz zu den heutigen Fahrzeugmodellen zu entwickeln, mit dem man beispielsweise 700 km mit einer Tankfüllung fahren kann, das über die heutige Sicherheitstechnik und ein intelligentes Klimaanlagensystem verfügt, dem aber die meisten Kleinmotoren und weitere nicht fahr-notwendige Ausstattungmerkmale fehlen.

Die Verbrennungsmotor-Technologie basiert auf dem Verbrauch fossiler Energie, deren Endlichkeit sicher ist, auch wenn gegenwärtig niemand das Ende vorhersagen kann. Es ist aber davon auszugehen, dass die heute lebende jüngere Generation das Ende des grenzenlosen mobilen fossilen Energiekonsums erleben wird. Kommt die weltweite Wahrnehmung plötzlich und schockartig, kann dies zu einer tsunamiartigen Erschütterung der Weltwirtschaft führen, gewaltiger als bei früheren Ölkrisen.

Mit umfassend “reduzierten” Fahrzeugmodellen und sigifikant geringeren fossilen Energieverbräuchen läßt sich die gewohnte Fahrzeugmobilität ohne größere Einschränkungen für eine längere Zeit fortführen, bis sukzessive Ersatztechnologien wie die E-Molität und andere nachwachsen werden und neue Mobilitätsmuster gelten: z.B. übernimmt dann die Eisenbahn die Langstrecke, die Binnenschifffahrt einen großen Teil des Güterverkehrs und vieles mehr.

Bezogen auf den heutigen hohen Grad an persönlicher Fahrzeug-Mobilität dürfte die lebende Generation den Zenit erreicht haben.

Ist ein Polit-Gremium bekannt mit einem wie oben beschriebenen belastbaren nachhaltigen Mobilitätskonzept? Wer wagt den Tabubruch?

Ein Kommentar

  1. Wolfgang Rieger sagt:

    Problem klar erkannt und dargestellt. Sehr interessanter Artikel.

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