Merkel: Die neue Botschaft

Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik

1. Es liegt an Bundeskanzlerin Merkel (bisherige Signale: „es gibt keine Obergrenze für Asyl; alle Syrer erhalten Asyl; wir schaffen das“) und Vizekanzler Gabriel (nennt im Vorgriff 1 Million Flüchtlinge), den Flüchtlingen auf den gefährlichen und menschenunwürdigen Routen über den  Balkan und das Mittelmeer zu signalisieren, dass Deutschland nur noch Asylsuchende aus Gebieten mit unmittelbaren kriegerischen Auseinandersetzungen (weniger als 10 % der jetzigen Zahl) aufnehmen wird. Darüber hinaus soll das mehrmals verbesserte Dubliner Abkommen konsequent umgesetzt werden.

2. Die große Zahl der ankommenden Flüchtlinge sind Wirtschaftsflüchtlinge. Als Gründe für die Flucht werden vielfach Perspektivlosigkeit genannt. Nur: Perspektivlosigkeit ist auch ein Problem der EU. Das trifft auf die inakzeptabel hohe Zahl der Jungendarbeitslosen in nicht wenigen Ländern zu. Es betrifft aber vor allem die Vielzahl der Länder mit Stundenlöhnen unter dem deutschen Mindestlohn. Mit einer groß angelegten Industriealisierungskampagne und ausgestattet mit den erforderlichen Mitteln  hat die EU eine auf Jahrzehnte angelegte Aufgabe zum Abbau der Wirtschaftsungleichgewichte in Europa mit vielen positiven Wachstumsimpulsen. Deutschland ist hier – auch finanziell – in ganz besonderer Weise gefordert.

3. Mit der notwendigen Neuausrichtung zu einer realistischen Flüchtlingspolitik beendet die Bundesregierung die bisherige Brüskierung aller übrigen EU-Länder (außer Österreich), die eine realpolitische Linie in der Flüchtlingspolitik praktizieren. Die beabsichtigten Aufnahmezahlen belegen diese Linie: England 20.000 bis 2020; Frankreich 2.000 in 2015; gesamte EU 120.000 in 2015 nach Quoten (Festlegung vertagt).

Die Ist-Zahlen für Deutschland/Ankunft Bayern: 170.000 ab Jahresbeginn bis dato; aktuell bis zu 10.000 täglich. Die Ist-Zahl für Flüchtlinge über das Mittelmeer ist ab Jahresbeginn auf die Rekordzahl von mehr als einer halben Million gestiegen. Die Zahl der Nichterfassten wird aktuell in Deutschland auf 290.000 Personen geschätzt (Weise/Bamf). Sie leben ungesetzlich in Deutschland (!).

Unberücksichtigt sind dazu die Zahlen der Familienzusammenführung  – diese sind inhärenter Teil der jetzigen Flüchtlingsbewegung -, die die obige Zahl noch verdoppeln kann.

Angeblich stehen Hundertausende Flüchtlinge aus Afghanistan und eine weitere Anzahl aus dem Libanon vor der Tür.

4. Die meisten EU-Länder stehen dem Flüchtlingszustrom nach Deutschland unbeteiligt gegenüber nach dem Grundsatz: Deutschland hat gelockt und muss alle damit zusammenhängenden Konsequenzen selber tragen. Es kann jedoch als sicher gelten: Die mit dem Flüchtlingsstrom einhergehenden sozio-kulturellen Veränderungen werden ganz Europa betreffen. Und es wird einfach das Geld fehlen für prioritäre EU-Projekte.

4. Nimmt man die viel diskutierte Netto-Zuwanderung nach Deutschland von jährlich 500.000 Personen zum Maßstab, so hat die EU beim Zuzug Vorrang. So können 300.000 Zuwanderer aus EU-Ländern (Arbeiter, Facharbeiter, Jugendliche im dualen System und Akademiker) und 200.000 aus Nicht-EU-Bürger kommen. In Zehn Jahren resultiert hieraus eine Netto-Zuwanderung von 5 Millionen für Deutschland und vielleicht 20 Millionen für andere EU-Länder. Mittelfristig ist ein positive Konjunktureffekt und Beitrag zu den Sozialsystemen zu erwarten.

5. Merkel dürfte in der jetzigen Situation kaum Bürger finden (gemeint sind keine Pegida- und keine AfD-Anhänger), die die aktuelle Entwicklung nicht mit höchster Besorgnis und Willen zur Änderung verfolgen.

6. Auf den gefährlichen und menschunwürdigen Routen im Balkan und über das Mittelmeer kommen Flüchtlings aus mehr als 10 Ländern (wer kennt die Zahl) vor allem nach Deutschland. Die schieren Zahlen deuten auf immer mehr Professionalisierung im exceptionell einträglichen Geschäft skrupelloser Schlepper und deren Hintermänner hin. Dies betrifft: totale Kommunikation durch Mobiltelefonie/Internet schaffen eine neue Qualität und Dynamik; immer wieder neue Schleuser auf der ganzen Strecke; echter syrischer Pass gegen Geld; seit Jahren florierendes Busgeschäft von der syrischen Grenze zur türkischen Ostgrenze (!); organisiertes Schleusertum zu griechischen Inseln auch mit Touristenbeteiligung; organisierte Bus-, Taxi- und Zugverbringung nach Norden, meist mit Ziel Deutschland; Korridor auch durch EU-Staaten(!); generell illegale Grenzüberschreitung durch alle diese Staaten; unzulängliche bzw. keine Erfassung; nicht Erfasste verlassen unerlaubt die Unterbringung/den Zug, auch mit Notbremse; Prügelei in der Unterkunft; Bedrohung im Supermarkt.

Innenminister de Maizière spricht von „Überraschender Entwicklung, Überrollen durch die große Flüchtlingszahl, chaotischen Zuständen“. Er dokumentiert, dass er das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand hat.

Es verbleiben Fragen: Was ist die Rolle von Bamf, was berichten die angeblich auf die Region spezialisierten Dienste und welche Schlüsse sind zu ziehen, wie lautet das Konzept der Einbindung der bleibenden Flüchtlinge in die deutsche Gesellschaft (Berufsausübung, Integration, Assimilation)?

Thomas de Maizière  muss sich fragen, ob obige Aufgaben nicht von einem Minister mit Fähigkeiten für Analyse, Entscheidung, Organisation und operatives Management besser gelöst werden.

7. Zurückweisung/Abschiebung ist die zweitbeste Lösung für die Begrenzung der Flüchtlingszahlen, deren Funktionieren erst noch zu beweisen ist. Die konsequente Umsetzung des Dublin-Abkommens hat dagegen seinen Schwerpunkt bei den Ländern mit infrage kommenden EU-Außengrenzen wie Griechenland, Italien und anderen. Diese müssen in ihren Aufgaben vor Ort von der EU mit personellen, finanziellen und technischen Mitteln ausreichend unterstützt werden. Hier muss wie in den Transitzonen an Flughäfen bereits die Erfassung und gegebenenfalls Zurückweisung von Flüchtlingen erfolgen. In Kooperation mit der EU sollen solche Transitzonen auch in allen Ländern auf dem Weg in den Norden eingerichtet werden.

8. Obige Politik muss von der EU begleitet sein durch finanzielle und materielle Unterstützung vor Ort bis zur Befriedung des Landes und Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat. Ebenso wichtig ist die verstärkte politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit der EU mit den Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas, ein Versäumnis, dass die jetzige Flüchtlingskrise mit verschuldet hat. Die Zusammenarbeit mit Ländern wie Türkei, Syrien/Irak, Libyen und anderen bedarf einer ganz anderen Qualität/Kooperation als bisher. Die jetzt aufzuwenden Geldbeträge sind – das gilt auch für die Vergangenheit – zur Unterstützung vor Ort immer besser eingesetzt.

9. Es kennzeichnend für die Verfassung der EU, dass Europa in die aktuellen Friedensbemühungen der alliierten 50 Staaten (USA, westliche Staaten, Saudi Arabien, arabische Staaten) und der neu gebildeten Vierergruppe (Russland, Iran, Irak, Systien/Assad-Regime) nicht eingebunden ist, aber praktisch alle Flüchtlinge aus der Region aufnimmt. Deutschland hat durch seine idealistisch-illusionistische Politik zu diesem Zustand der Verhinderung einer einheitlichen Flüchtlingspolitik wesentlich mit beigetragen.

10. Die deutschen Medien, auch die Öffentlich-Rechtlichen, tragen durch ihre larmoyante Berichterstattung wenig zur Lösung der anstehenden Probleme bei. Das Aufzeigen von übergeordneten Zusammenhängen unterbleibt. Zu jedem gestrandetem Flüchtlingstreck gehört die Darstellung der unmenschlichen Methoden der skrupellosen Schlepper und Helfer.

11. Ein Grundsatz steht über allem: Menschen müssen menschlich behandelt werden.

13. Bundespräsident Gauck spricht jüngst von der begrenzten Aufnahmefähigkeit Deutschlands

Wenn Bundeskanzlerin Merkel als Pastorentochter den oben beschriebenen Wandel in der Flüchtlingspolitik nicht mittragen kann – „Dann ist das nicht mein Deutschland“ -, soll sie die Aufgaben einer erfolgreichen und nachhaltigen Flüchtlingspolitik an einen/eine anderen/e Befähigten/e delegieren. Das nächste Wahljahr ist erst 2017.

Es dauert alles viel zu lange. Die Zeit drängt.

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