10 Jahre in Afghanistan: 10 Fragen und Antworten zur Diskussion

  • Würde sich der Westen in Afghanistan nach den zurückliegenden Erfahrungen noch einmal militärisch engagieren: eher nein
  • Kann eine “Vorwärtsverteidigung” mit militärischen Mitteln am Hindukusch die Sicherheit des Westens wesentlich verbessern: eher nein, diese Aufgaben sind überwiegend in den zu schützenden Heimatländern selbst zu leisten
  • Hat der Westen die Netzwerkstruktur Afghanistans bestehend aus einer Vielzahl Ethnien (Mehrheit Paschtunen mit 42%), Stämmen, Sprachen (49), konservativ ausgerichteter Sunnitischer- und Schiitischer Islam, Einfluss der Nachbarländer erkannt und die richtigen Schlüsse gezogen: eher nein
  • Hat ein Land mit 30 Millionen Einwohnern, einem Pro-Kopf-Einkommen von unter 1000 $ (2010), 80 % Landbevölkerung, einer Analphabetenrate von 75 %, das zu 75 % aus Gebirgen besteht und die Wirtschaftsleistung überwiegend in der Landwirtschaft und mit Dienstleistungen erbringt, überhaupt eine Chance, aus eigener Kraft den Anschluss zu finden an die – auch in der Nachbarschaft – sich entwickelnden Volkswirtschaften: nein
  • Ist ein – irgendwie definiertes – westliches Demokratie-Ideal in einer Gesellschaft wie Afghanistan in einem Zeitrahmen von 10 Jahren zu vermitteln: nein
  • Ist dieses westliche Demokratie-Modell für Afghanistan momentan überhaupt die richtige Option: unbestimmt, in seiner reinen Form eher nicht
  • Ist eine Befriedung über alle Interessengruppen mit militärischen Mitteln bis zum geplanten Truppen-Abzug 2014 zu erreichen: sehr unwahrscheinlich
  • Warum hat sich der anfängliche Vertrauens-Vorschuß für den Westen in vielen Schichten zwischenzeitlich in das Gegenteil gewandelt: weil die Afghanen das Vertrauen verloren haben, dass der 2014 endende Militäreinsatz und die ihn begleitenden zivilen Projekte zu einer wirtschaftlichen Verbesserung des Landes und der einzelnen Interessengruppen führen. Deshalb ist Afghanistan – jetzt schon spürbar – wieder offen für die Versprechen der neuen/alten Heilsbringer
  • Hätte es für den Westen eine Alternative zur Militärstrategie gegeben: ja, mit gezielter, für die Gruppeninteressen gerechter (schwierig), erkennbar uneigennütziger Aufbauhilfe
  • Wäre eine solche Politik erfolgreich: Wahrscheinlich Ja. Nur 10 % der in den vergangenen 10 Jahren aufgewendeten 100 Milliarden $ (Annahme) Militärausgaben – das sind 10 Mrd. $/Jahr oder mehr als 50 % der gesamten in Afghanistan erbrachten wirtschaftlichen Leistung (BIP) in 2010 – hätten ausgereicht, Afghanistan beim Aufbau wesentlich zu unterstützen und allen Afghanen die Freundschaft des Westens zu demonstrieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche Hilfe auch von den vormals ärgsten Feinden gerne angenommen wird, wie sich zeigen könnte, wenn die Taliban nach 2014 möglicherweise mitregieren. Für die Taliban/Al Kaida wäre das Bombenlegen dann keine sinnvolle Option mehr?

Eine verlorene Zeit mit vielen Opfern?

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